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Abenteuer Rallye-Blog Europe-Africa Rodeo: Ramadan

Wissenswertes zum Ramadan

Unser Rodeo-Start ist am Ende des Ramadan (ca. 9. April – je nach Mondstand) und somit werden wir auch in dieser außergewöhnlichen Zeit reisen.

Deswegen glaube ich, dass man ein wenig darüber Bescheid wissen sollte.

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Was ist der Ramadan?

Der Fastenmonat der Muslime findet immer im 9. Monat des islamischen Mondkalenders statt. Das Ziel ist es, sich einmal im Jahr 30 Tage lang mehr als sonst auf den Glauben zu besinnen.

Zwischen der Morgendämmerung und dem Sonnenuntergang gibt es im Ramadan weder zu essen noch zu trinken aber auch weder Geschlechtsverkehr noch Rauchen ist erlaubt. Aber es gibt lt. Koran auch Ausnahmen: Wenn man auf Reisen oder krank ist und deswegen das Fasten nicht möglich ist, so darf man die Tage nachholen.

Als Nicht-Muslim solltest du Rücksicht nehmen und nicht in der Öffentlichkeit essen oder trinken. Uhren werden in dieser Zeit um 1 Stunde zurückgestellt und die Arbeitszeit wird von 8 auf 6 Stunden verkürzt.

Übrigens sind ungefähr 98% der Marokkaner Muslime.

Was heißt das in der Praxis?

In der Zeit des Fastenmonats muss mit Einschränkungen im Alltag und mit erhöhter Sensibilität in Fragen des Respekts gerechnet werden.
In der Praxis läuft das so ab: In der Regel (Ausnahmen bestätigen diese Regel immer wieder) bekommt man im Hotel und auf den Campingplätzen Essen serviert und es gibt mittags Restaurants, die zumindest ernähren. Das heißt aber auch, dass da und dort eine verminderte Speisekarte zur Verfügung steht. Märkte und Supermärkte haben aber geöffnet.
Viele Restaurants, Cafés und Geschäfte sind tagsüber geschlossen. Man merkt vielen Marokkanern die Anstrengung des Fastens an. Die meisten Leute agieren sehr entschleunigt in dem Land, dass wir ohnehin als langsam bezeichnen würden. Manche Marokkaner reagieren auch gereizter als sonst. 
Das besondere spielt sich bei Einbruch der Dunkelheit ab. Ab da sind – sogar in Marrakesch – die Straßen leergefegt. Ungefähr eine Stunde danach spült es wieder Leben in die Gassen. So lange dauert das Gebet und dann geht es wieder rund!
Nach dem täglichen Fastenbrechen wird die Nacht zum Tag gemacht. Die Tische biegen sich und es gibt jede Menge kulinarischer Köstlichkeiten.
 
Was heißt das nun in der Praxis für uns?
Die Tage bis zum ersten Checkpoint in Taghazout werden sehr besonders werden. Das Leben steht hier still! 
Das Camp in Tunis ist vorbereitet auf uns, was das aber in der Realität bedeutet, bleibt abzuwarten. Zumindest haben wir einen Schlafplatz und vermutlich gibt es auch zu essen.
Wer den Weg über Marrakesh wählt, hat vermutlich mit den wenigstens Einschränkungen zu rechnen, da die Stadt sehr touristisch ist.
Aber bereitet euch darauf vor, dass ihr nicht überall und an jeder Ecke etwas zu essen bekommt. 
Wir bitten euch wirklich darum, in der Öffentlichkeit den gehörigen Respekt zu zeigen. So, wie wir es gerne hätten, dass man es auch bei uns macht.
 

Leere Straßen in Marrakech.
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Das Zuckerfest Eid al-Fitr

Den krönenden Abschluss des Fastenmonats bildet das Zuckerfest Eid al-Fitr. Das Fest kann man von der Wichtigkeit her mit Weihnachten bei uns vergleichen. Während der Feiertage soll in jedem Haushalt geschlemmt werden; königlich und natürlich besonders süß. 
Da das Zuckerfest ein Familienfest ist, reisen in Marokko viele Menschen kurz vorher nach Hause zu ihren Familien. Eid al-Fitr ist ein gesetzlicher Feiertag. Schulen, öffentliche Institutionen und zahlreiche Geschäfte bleiben geschlossen. Die Eingeschränktheit des öffentlichen Lebens erreicht ihren Höhepunkt. Es hat schon etwas Besonderes und wir werden Teil dessen sein.

Es gibt noch einiges Unbekanntes: 

1. Ich weiß noch immer nicht, wo wir den Start durchführen dürfen und werde hier vermutlich kurzfristig entscheiden müssen.
2. Die Checkpoints in der Zeit des Ramadans werde ich relativ schnell und knackig abhalten.
3. Das Ende des Ramadans wird mit 9. April erwartet und wird vom Ministerium für religiöse Angelegenheiten offiziell bestätigt werden. Es richtet sich dabei nach der Sichtung des Neumondes mit bloßem Auge.
4. Ich bin sehr gespannt, was wir an den ersten Tagen des Abenteuers erleben werden. 
Essen im Ramadan im Zuge der Scouting Tour
Essen im Ramadan war in der Regel in den touristischeren Orten kein Problem. Auf guten Campingplätzen war das Frühstück nicht ganz so reichhaltig wie sonst. Mittags in der westlichen Sahara war es schon schwieriger. Nein, eigentlich war es dort unmöglich zu Essen zu kommen. Aber wenn man es vorher weiß, kann man sich ja darauf vorbereiten. In großen Städten wie Marrakech ist es absolut kein Problem zu jeder Zeit auch gutes Essen zu bekommen. 
Frühstück auf einem Campingplatz im Süden Marokkos
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Mittagessen in der westlichen Sahara
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Abendessen in einem Restaurant in Marrakech
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Reiseberichte aus dem Ramadan


"Der Ramadan ist auch eine Zeit verstärkter Nächstenliebe"

Mein persönlicher Reisebericht im Ramadan - 3 von 1001 Kurzgeschichten von meiner Reise in der Zeit des Ramadans:
Zu Beginn des Ramadans 2019 bin ich von Senegal aufgebrochen, um über Mauretanien nach Marokko zu reisen.
Schon am Grenzübergang zum – sehr gläubigen – Mauretanien, haben mich die Auswirkungen erwischt. Dort wo einen Monat zuvor noch sehr viel Trubel herrschte, war ich diesmal der einzige Kunde. Grenzbeamte auf der mauretanischen Seite haben ihre Arbeit im Liegen verrichtet. Ich fühlte mich nicht gerade wie ein erwünschter Gast. Im Gegenteil.
Die ersten Tage des Ramadans sind die schlimmsten. Bis sich die Gläubigen an das Fasten gewöhnt haben, vergehen ein paar Tage. Man kann sich das vermutlich auch bildlich vorstellen. Jeder einzelne ist „zwieda“ und hat weder Lust auf die Arbeit, noch ist er gewillt, dem Reisenden zu helfen.

Die Dörfer, die auf meiner Hinreise mit Leben gefüllt waren, , waren leergefegt. Auch die kleinen Kioske, wo man Wasser und Brot bekommt, hatten geschlossen. Diese 800km waren die einsamsten meiner Reise. Nicht nur, dass ich ungefähr 200km unbefestigte Straßen gefahren bin, es gab auf fast der gesamten Strecke keine Möglichkeit etwas Essbares zu bekommen. Hotels und Camps waren geschlossen und Tankstellen – die ohnehin nur selten den Weg säumen – hatten noch weniger Sprit vorrätig als auf dem Weg in den Süden.
So sieht es aus, wenn an der Grenze viel los ist
Hier und da ein LKW - die Freude hält sich in Grenzen
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So sieht es aus, wenn an der Grenze viel los ist
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Hier und da ein LKW - die Freude hält sich in Grenzen

Aber der Ramadan hat auch etwas Gutes. Etwas Herzliches.

Auf der ca. einwöchigen Reise durch Mauretanien und der westlichen Sahara wurde ich täglich zum Essen eingeladen. Begonnen hat alles in Nuakschott, der Hauptstadt Mauretaniens, wo ich auf die Frage „Gibt es in der Nähe einen Campingplatz?“ sofort von einem Einheimischen zum Schlafen in sein Haus eingeladen wurde. Aber das war noch lange nicht alles. Erst haben wir viele Stunden über Politik geredet und als dann die Sonne am Untergehen war, bat mich mein Gastgeber um Entschuldigung. Er musste nun zum Beten.

Als er mit dem Gebet fertig war, hat er auch schon das Abendmahl gerichtet. Der Tisch hat sich gebogen und ich durfte an einem außergewöhnlichen Essen teilhaben.

Sehr zeitig in der Früh (vor dem Sonnenaufgang) gab es dann noch ein weiteres Mahl und danach wurde ich verabschiedet. Ohne einer jeglichen Chance für diesen Luxus zu bezahlen oder einzukaufen.

In dieser Tonart ging es dann weiter. Einmal wurde ich in einem Restaurant eingeladen und habe mit der ganzen Familie des Besitzers zu Abend gegessen. Einmal hat mich der Campingplatzwärter eingeladen und ein anderes Mal der Hotel Rezeptionist, der mir nach dem Beten auch noch seine Stadt gezeigt hat.

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Leergefegte Straßen im Ramadan in der westlichen Sahara

Care-Paket in Marrakech

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Den Höhepunkt der Gastfreundschaftlichkeit hat sich dann am Abend meiner Ankunft in Marrakesch ereignet. Mein Motorrad musste zum Service (siehe Geschichte „Kerzenschlüssel“) und ich bin zu spät Richtung Hauptstraße. Zu spät heißt, exakt zum Sonnenuntergang. Keine öffentlichen Verkehrsmittel und kein Taxi haben mich in die Richtung meiner Unterkunft gebracht.

So saß ich verloren, schmutzig und hungrig mit meinem Gepäck am Straßenrand. Als plötzlich ein Pkw stehen blieb, eine junge Frau aus dem Auto sprang und mir mit den Worten „this is for you“ einen Karton vor die Füße legte. Ich konnte gar nicht darauf reagieren, so erstaunt war ich. Als ich die Box öffnete, war ich ziemlich Sprachlos: Wasser, Orangensaft und von der Vor- bis zur Nachspeise alles was sich ein hungriges Herz wünscht.

Wie weit es im ländlichen Gebiet getrieben wird: In der irren Mittagshitze bin ich bei mindestens 40 Grad durch ein Dorf gefahren. Die Schule war offensichtlich gerade zu Ende und einige Junge Leute waren auf dem Heimweg.

Plötzlich ist genau vor mir ein junges Mädchen umgekippt. Ihre Freundinnen haben sich sofort um sie gekümmert, aber der kleine Körper hat sich kaum bewegt. Ich bin sofort von meinem Motorrad gesprungen und zu Hilfe geeilt. Da war mir schnell bewusst, dass das Mädchen dehydrierte. Sofort hab ich meine Wasserflasche gebracht und die anderen Kinder halfen dabei. Allerdings war das 

Mädchen so sehr von ihrem Glauben beeinflusst, dass ich keine Chance hatte ihr Wasser zu verabreichen. Im Gegenteil. Sie hat mich angefaucht wie eine wilde Katze und ich hatte Angst, dass sie mir die Augen auskratzt wenn ich nicht sofort verschwinde.

Selbst etwas überrascht, hab ich mir am nächsten Kiosk ein Eis gekauft. Da sind 2 Kids aufgetaucht und haben mich mit großen Augen angesehen. Ich hab sie gefragt und es hat ihnen gefallen – so sind wir 2min später zu 3. Am Boden vor dem Kiosk gesessen und haben Eis gegessen. Der Kioskbesitzer war amüsiert und hat mir einen Daumen hoch gegeben.

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